„Mein Kind hört mir nie zu.“ – „Egal was ich sage, mein Kind macht immer das absolute Gegenteil.“ – „Mein Kind ist bockig, frech, trotzig und lügt mich ständig an.“
Jede:r Erziehungsberechtige kennt es, man bittet das Kind um etwas und es macht einfach nichts oder etwas ganz anderes. Dieser Ungehorsam ist für Erziehungsberechtige oft nur schwer auszuhalten.
Doch was steckt hinter diesem scheinbar oft unbegründeten Ungehorsam? Wir finden, es lohnt sich, einmal genauer hinzusehen. Ganz unten haben wir auch noch ein paar Büchertipps für euch.
Jedes Verhalten ist eine Botschaft
Ein gewisses Maß an Ungehorsam ist normal, ja sogar wichtig für die Entwicklung eines Kindes. Denn das Verhalten eines Kindes ist Teil des persönlichen Ausdrucks. Es zeigt uns damit, wie es ihr bzw. ihm gerade mit sich selbst geht, wie gut sie bzw. er mit dem Umfeld oder der aktuellen Situation gerade zurecht kommen.
Hinter jedem Ungehorsam steckt also ein Bedürfnis bzw. Gefühl, welches nicht gesehen oder beantwortet wird:
- Nicht erfüllte Bedürfnisse
- Wunsch nach Unabhängigkeit
- Wunsch nach Eigenständigkeit
- Über- bzw. Unterforderung des Kindes
Wieso ist Ungehorsam wichtig?
Auch wenn man es als Erziehungsberechtigte:r nicht immer so empfindet, Ungehorsam ist wichtig für die persönliche Entwicklung eines Kindes und hat auch positive Aspekte:
- Das Kind lernt sich abzugrenzen.
- Das Kind nimmt die eigenen Bedürfnisse wahr.
- Das Kind bildet eine eigene Persönlichkeit aus.
- Das Kind lernt, dass sein Verhalten wirksam ist.
Wie gehe ich mit Ungehorsam um?
Wir wünschen uns sicher alle, dass das eigene Kind im Erwachsenenalter stark und glücklich wird. Deshalb ist es wichtig, auf das Kind einzugehen und eine Beziehung auf Augenhöhe schaffen. So sieht das Kind, dass es mit den eigenen Bedürfnissen und Gefühlen ernst genommen wird.
- Das Wichtigste überhaupt: „Das Kind ist gerade nicht gegen mich, sondern für sich.“ – Deshalb durchatmen und gelassen zu bleiben.
- Oft hilft es auch, sich die positiven Aspekte von Ungehorsam und die Auswirkungen für die Zukunft des Kindes vor Augen zu führen: „Mein Kind lernt gerade für sich selbst und die eigenen Bedürfnisse einzustehen.“
- Mit dem Kind gemeinsam herausfinden, was es gerade braucht. Durch diesen gemeinsamen Prozess wird das Miteinander in der Familie gestärkt. Außerdem begleiten wir das Kind in die Eigenständigkeit und Gesellschaftsfähigkeit, stärken das Selbstbewusstsein und legen den Grundstein für Empathie (soziales Verhalten).
- ABER: Das heißt nicht, dass das Kind alles machen darf und auch alles erhält, was es möchte. Denn Regeln sind wichtig und Kinder fordern diese auch ein.
Unser Tipp – genau hinsehen
Im Alltag ist es oft schwierig nah beim Kind zu sein und alle Bedürfnisse wahrzunehmen. Dennoch hilft es, immer mal wieder kurz innezuhalten und genau hinzusehen.
Hier ein paar Fragen, die helfen dabei helfen können:
- Setze ich sinnvolle Regeln?
- Stehen meine gesetzten Konsequenzen in Zusammenhang mit dem Ungehorsam und sind somit sinnvoll?
- Nörgle ich oft an meinem Kind herum?
- Drohe ich meinem Kind manchmal?
- Lobe ich mein Kind?
Wie kann ich Ungehorsam entgegenwirken?
- Loben, wenn das Kind z. B. eine Regel befolgt oder jemandem hilft.
- „Konsequenzen“ müssen logisch sein
Beispiel: wenn das Kind wiederholt mit dem Laufrad auf die Straße fährt, macht es keinen Sinn, ihm abends keine Geschichte mehr vorzulesen. Stattdessen darf es vielleicht für diesen Moment nicht mehr mit dem Laufrad fahren, weil das Verhalten zu gefährlich ist. - Altersgerecht erklären, wieso Regeln wichtig sind für das Zusammenleben in Familie und Gesellschaft – z. B. Stichwort: Sicherheit.
- Die eigenen Gefühle altersgerecht erklären, wenn das Kind ungehorsam ist (Förderung der Empathie).
- Wenn das Kind unterfordert ist, kann eine regelmäßige sportliche oder künstlerische Tätigkeit sinnvoll sein.
Das Kind kann dann den eigenen Interessen nachgehen und gleichzeitig Adrenalin und Anspannungen abbauen. - Bei älteren Kindern ist ein Familienrat auch sinnvoll. Dort bespricht die Familie, was jedes Familienmitglied beschäftigt.